Zum Hauptinhalt springen

Best Practice

Erfolgreiche Beispiele aus der (Unternehmens-) Praxis

Im Folgenden werden Best Practice Beispiele dargestellt, die die Umsetzung von Maßnahmen in der Wirtschaft, der Wissenschaft oder im öffentlichen Sektor exemplarisch veranschaulichen. Da in der bisherigen Praxis nur wenige Beispiele zu finden sind, die sich gezielt auf qualifizierte Migrantinnen beziehen, werden auch solche dargestellt, bei denen eine Anwendung für die Zielgruppe möglich und empfehlenswert ist.

Folgende Instrumente haben sich bereits in der (Unternehmens-) Praxis bewährt:

Es gibt verschiedene Ansätze, um ein Mentoring zu gestalten. In der Regel wird darunter eine Förderbeziehung zwischen zwei Personen verstanden, die sich auf unterschiedlichen Erfahrungsebenen befinden. Dabei berät eine (beruflich) erfahrene Person oder Führungskraft (Mentorin/Mentor) eine andere, meist jüngere Person (Mentee), die sich am Anfang ihres Berufs- und Karriereweges befindet. Hierbei geht es vor allem um die Weitergabe von Wissen, den Ausbau beruflicher Kompetenzen und die Weiterentwicklung der Persönlichkeit. Mentoring hat sich in der Wirtschaft als auch in der Wissenschaft als erfolgreiches Instrument der Personalentwicklung, der Nachwuchsförderung. der Netzwerkbildung sowie zur Karriereplanung etabliert. Ob ein Mentoring über interne Partner gestaltet wird oder ob eine externe Person als Mentor/Mentorin hinzugezogen wird, hängt mit den jeweiligen internen Möglichkeiten und den Zielen des Mentorings zusammen. Auch die Dauer, Häufigkeit und Intensität eines Mentoring-Programms kann dabei stark variieren.

Die Frage nach der Balance zwischen gesundheitlicher, familiärer und beruflicher Verantwortung ist nicht nur eine, die sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellen, sondern auch eine, die für die Unternehmen immer mehr an Bedeutung gewinnt. Denn jene Unternehmen, die auf die Bedürfnisse ihrer Beschäftigten eingehen und ihnen entsprechende Vereinbarkeitslösungen anbieten, erzielen damit Mehrwert auf verschiedenen Ebenen. Dafür bedarf es jedoch einer Unternehmenskultur, in der gesundheitliche, betriebliche und familiäre Interessen gleichberechtigt behandelt werden. Welche Angebote ein Unternehmen realisieren kann, hängt im Wesentlichen mit seiner Größe. der Unternehmensform und den damit resultierenden Möglichkeiten zusammen.

Netzwerke aller Art dienen als Plattform, auf der Erfahrungen ausgetauscht und neue (Geschäfts-)Beziehungen geknüpft werden können. Neben dem Kontaktaufbau und dem Informationsaustausch bieten sie ebenfalls Gelegenheiten zur Weiterentwicklung auf persönlicher, fachlicher und sozialer Ebene. Netzwerke können dabei reine interne Gruppierungen darstellen aber auch Verbindungen nach außen eingehen. Oftmals bestehen in Unternehmen oder Einrichtungen bereits Netzwerke, die allerdings nicht institutionalisiert sind. Durch die Förderung oder den Aufbau von Netzwerken von und für spezifische Gruppen signalisiert ein Unternehmen/eine Einrichtung aktiv die Offenheit und Wertschätzung für verschiedene Diversity-Dimensionen. Darüber hinaus können die Netzwerkgruppen als wichtige Ansprechpartner für die Leitung fungieren.

Beispiel PETEK: Das PETEK-Business-Netzwerk Migrantinnen ist ein bundesweit ausgerichtetes Netzwerk. Es fungiert als Sprachrohr für eine gezielte Interessenvertretung von Migrantenunternehmerinnen. Die Plattform ist vielseitig aufgebaut und enthält Tipps, Termine und Links sowie die Möglichkeit sich mit anderen Unternehmerinnen auszutauschen. Neben den Kontakt- und Kommunikationsmöglichkeiten auf der Plattform, werden regelmäßig Veranstaltungen angeboten, bei denen sich die Frauen persönlich kennenlernen, Kooperationen aufbauen und aktiv werden können.

Beispiel SAP: Um Mitarbeiterinnen zu rekrutieren, weiterzuentwickeln sowie an das Unternehmen zu binden setzt SAP unter anderem auf den Aufbau und die Förderung von Netzwerken. Im Netzwerk „Cultures@SAP“ haben sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Ethnien, Nationalitäten und Kulturen mit ihren über 20 bereits bestehenden informellen Communities zusammen geschlossen, darunter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Indien, Iran, Afrika, China, USA etc. Die Mitarbeiter organisieren im Rahmen ihrer Netzwerkaktivitäten regionale und internationale Stammtische und Treffen, sowie große kulturelle Veranstaltungen. Die Netzwerke sind dabei offen gehalten und der Zugang erstreckt sich bis ins kommunale Umfeld. Beispielsweise sind in dem chinesischen Netzwerk auch China-interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die zusammen eine chinesische Samstags-Schule gegründet haben.

Insbesondere für das Recruiting von Fach- und Führungskräften sind im Rahmen des Diversity Managements diverse Faktoren Zu beachten. Dies gilt zunächst unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, sexueller Orientierung oder körperlichen Beeinträchtigungen. Im Hinblick auf die Ansprache von Personen aus dem Ausland oder in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund sollten bei der Anwerbung bestimmte Kriterien erfüllt sein. Hierzu gehört zunächst, dass Stellenanzeigen in der Sprache der Zielgruppe oder zumindest einer internationalen Verkehrssprache verfasst sind. Darüber hinaus wird empfohlen, in den Stellenbeschreibungen eine offene Haltung gegenüber allen Bewerbern und Bewerberinnen anzusprechen. Zum Beispiel durch Formulierungen wie: „Wir begrüßen Bewerbungen unabhängig von Geschlecht. Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität“ (Charta der Vielfalt 2015, S. 31). Um die entsprechenden Zielgruppen zu erreichen gilt es, die Anzeigen an den entsprechenden Stellen zu platzieren, seien es Online-Portale, Zeitschriften und Zeitungen, Communities etc. Hierbei ist es sinnvoll, der Entscheidung, welches Portal und Medium die besten Effekte erzielt, eine entsprechende Recherche voranzustellen. Dabei können gegebenenfalls auch regionale und übergreifende öffentliche Stellen, Vereine und Verbände Unterstützung leisten. Auch bei der direkten Ansprache der potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten, sollte sich die Auswahl der Veranstaltungen als auch die Gestaltung der Materialien an dem gesuchten Personenkreis orientieren. Um eine gelungene Integration der neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu ermöglichen, sowie deren Bindung an das Unternehmen/die Einrichtung zu fördern gibt es eine Vielzahl von Maßnahmen wie zum Beispiel Eingliederungshilfen, Patenschaften/Mentoring, Trainings und Workshops. Auch hier gilt, reichen die eigenen Kapazitäten, Kompetenzen oder Mittel zur Durchführung von Angeboten nicht aus, sind Kooperationspartner und Unterstützung zu suchen.

Beispiel Teckentrup GmbH & Co. KG: Als mittelständiges Unternehmen in der Region Nordrhein-Westfalen erwies es sich für Teckentrup als zunehmend problematisch, geeignete und qualifizierte deutsche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden. Darüber hinaus plante die Firma den internationalen Export zu erweitern und benötigte dafür Personen, mit entsprechenden kulturellen und sprachlichen Kompetenzen. Die Geschäftsführung entschied daraufhin gezielt den Rekrutierungsfokus zu erweitern. Insbesondere für den Exportbereich wurden zunächst Menschen mit Migrationshintergrund angeworben. Im Rahmen der internationalen Geschäfte wurden multinationale Teams gebildet und Mitarbeiter aus den jeweiligen Herkunftsländern des Absatzgebietes eingesetzt, um somit auf die jeweiligen Kunden spezifisch eingehen zu können. Auf Grund des Erfolgs dieser Strategie, weitete das Unternehmen diese auf alle Rekrutierungsbereiche aus. Durch diese und weitere Maßnahmen im Diversity Management konnte der Anteil der gewerblichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Migrationshintergrund auf 25 Prozent gesteigert werden. Der Export verzeichnete ebenfalls ein Wachstum um 5 Prozent. (Teckentrup - Vielfalt als Chance).

Gemischte Teams kommen oftmals im Bereich Innovation und Entwicklung aber auch im Marketing und Vertrieb zum Einsatz. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung verfügen diese Teams über eine größere Bandbreite an Wissen und Erfahrungen als homogene Teams. Darüber hinaus zeichnen sie sich durch ein hohes Maß an Kreativität aus und sind oftmals flexibler im Umgang mit Herausforderungen. Wesentlich für eine effektive Arbeit in den gemischten Teams ist deren Führung und die Konzeption und Einbehaltung klar definierter Regelungen. Dabei ist zu beachten, welche Person fiir welches Team geeignet ist und welche Aufgaben das Team zu bearbeiten hat. Oftmals sind spezielle Workshops und Trainings zur Vorbereitung des Teams und der Vorgesetzten sinnvoll, um eine bestmögliche Umsetzung zu erzielen. Die Anforderungen, Kriterien und Einsatzgebiete von gemischten/spezifischen Teams sind sehr unterschiedlich und orientieren sich an den Möglichkeiten im Unternehmen, den Anforderungen sowie an den Zielen/Aufgaben der Teams.

Beispiel Daimler AG: Wenn es bei Daimler um die Zusammenstellung eines gemischten Teams geht, gibt es dafür drei Varianten von bewusst gemischten Teams. Es gibt die Variante, ein bestehendes Team vor dem Hintergrund zu analysieren, welche Perspektiven oder Hintergründe noch fehlen. In einer anderen Variante wird ein bewusst gemischtes Team eingesetzt, das parallel zu einem bestehenden Team läuft. Beide Teams tauschen sich im Prozess regelmäßig aus und ergänzen sich entsprechend. Letztlich wird bei der der dritten Variante ein bewusst gemischtes Team neu gebildet, das unabhängig von anderen Teams aktiv ist. Einsatz finden die bewusst gemischten Teams in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel im Rahmen von Entwicklungsprojekte und fiir Projekte am Point of Sale. In beiden Fällen gibt es schon cross-funktionale Teams. Die Zusammenstellung orientiert sich dabei an den Dimensionen: Gender. Alter, Internationalität, Ausbildung und Funktion im Unternehmen. In Bezug auf den Bereich Gender wird dabei eine 50:50 Basis angestrebt, so dass in den Projektteams zu gleichen Teilen mit Männern und Frauen vertreten sind. Im Hinblick auf die Durchmischung der Altersgruppen setzt das Unternehmen nicht auf eine konkrete Quotenregelung, sondern auf einen graduellen Altersübergang im Team. Der Aspekt der Internationalität erfährt hingegen eine Begrenzung dahingehend, dass die Mehrheitsethnie in einem Projekt 50 Prozent nicht überschreiten sollte. Bei der Besetzung von Projektteams spielen letztlich immer auch der Zielmarkt und die anvisierten Zielgruppen eine große Rolle und beeinflussen die letztendliche Zusammensetzung entsprechend. Die cross-funktionalen Teams werden bei Daimler darüber hinaus einer gezielten Evaluation unterzogen. Expertinnen und Experten aus dem Global Diversity Office begleiten und beobachten diese Teams. In einem konkreten Fall aus der Produktion gibt es bereits erste Erkenntnisse aus dem Vergleich homogener und heterogener Teams in Bezug auf Alter und Gender. Bei dieser Auswertung wurden ausschließlich Hard Facts analysiert. Dabei wurde festgestellt, dass die Fehlerrate bei heterogenen Teams geringer war als bei homogenen Teams. Außerdem fiel auf, dass die Fehlzeiten von Mitarbeitenden in heterogenen Teams kürzer waren und aus diesen Teams oft mehr Verbesserungsvorschläge als aus den homogenen Teams kamen. (Xing - Exklusiv-Interview mit Susanne Leithner von Daimler). Die Bildung der Teams orientiert sich dabei an den Zielen und Aufgaben sowie an der Qualifikation der Mitglieder. Ricarda Fleer. die kaufmännische Geschäftsführende des Unternehmens, äußert sich dazu wie folgt: „Wir bevorzugen den 360-Grad-Blick im Unternehmen, das heißt. das Zusammenspiel von weiblichen und männlichen Betrachtungsweisen - und das gelingt nur, wenn sowohl Männer als auch Frauen Bestandteile unserer Projektteams sind.“ (WEGE - Wirtschaftsentwicklungsgesellschaft: Mehr Frauen in Führung - so geht’s).

Trainings, Workshops und Qualifizierungsmaßnahmen im Rahmen von Diversity Management zielen einerseits auf den Kompetenzerwerb der Beschäftigten ab. Dies erfolgt in der Regel durch spezifische Angebote wie zum Beispiel Sprachkurse, fachliche oder technische Workshops. juristische Seminare u.v.m. Andererseits geht es um die Sensibilisierung für Andersartigkeit sowie die Aktivierung von (selbst-)reflexiven Lern- und Veränderungsprozessen. Dadurch soll die Akzeptanz von und zwischen diversen Menschen, Lebensweisen und Organisationsformen ermöglicht sowie die Zugangsbarrieren und Abgrenzungsmechanismen in den zu öffnenden Organisationen abgebaut und die Mitarbeiter in ihrer kulturellen Vielfalt anerkannt werden. In diesem Bereich kommen interkulturelle Trainings zum Einsatz. Verfügt ein Unternehmen nicht über das interne Knowhow oder die Kapazitäten der Durchführung solcher Angebote, gibt es oftmals die Möglichkeit der Kooperation mit regionalen Bildungseinrichtungen und anderen externen Anbietern.

Beispiel ThyssenKrupp AG: Mit dem Abschluss einer Betriebsvereinbarung zur Gleichbehandlung deutscher und ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer strebt die Firma an. Die kulturelle und ethnische Vielfalt der Standorte auch in der Belegschaft widerzuspiegeln. Im Rahmen seiner Gleichstellungspolitik bietet das Unternehmen ThyssenKrupp Stahl seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unter anderem ‚interkulturelle Qualifikationsmaßnahmen‘ an. Insbesondere werden dabei Qualifikationsangebote im Bereich ‚Aus-und Weiterbildung‘ gemacht. Erklärtes Ziel ist es, Sprachbarrieren abzubauen und für andere Denk- und Handlungsweisen zu sensibilisieren. Im Bereich der Förderung der Sprachkompetenz werden Deutschkurse auf verschiedenen Niveaus angeboten. Für nichttürkische Betriebsangehörige gibt es die Möglichkeit, die türkische Sprache zu erlernen. Darüber hinaus können sich die Beschäftigten in anderen Sprachen wie beispielsweise Englisch, Portugiesisch oder Spanisch qualifizieren.

Zur Förderung der Handlungskompetenz gibt es Seminare zum Themenbereich „Führen multikultureller Teams“ und „Interkulturelles Management“. Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen können sich ebenfalls Kompetenzen in Bezug auf Fragen zu Einbürgerungen, dem Ausländerrecht oder der Rückkehr in das Herkunftsland aneignen. Diese Angebote richten sich prinzipiell an die gesamte Belegschaft des Betriebes. (Bundesinstitut für Berufsbildung - Good Practice Center 7 Förderung von Benachteiligten in der beruflichen Bildung).

 © Dieses E-Learning-Modul basiert auf dem Fachbuch "Qualifizierte Migrantinnen in Deutschland. Status quo, Erfolgsfaktoren, Mehrwert" von Swetlana Franken, Inda Kapetanović, Stefanie Pannier, Malte Wattenberg, erschienen im Shaker Verlag (2016).