Zum Hauptinhalt springen

"Man muss loslassen können und seinem Team Vertrauen schenken"

Laura Krompass, Purpose Team New Biz, Robert Bosch Power Tools GmbH

Teilzeitmodell: 80 Prozent bei flexibler Arbeitszeitgestaltung - 4 Tage Präsenzzeit, 1 Vormittag im Homeoffice, 1 kurzer Nachmittag

 


Liebe Frau Krompass, bitte stellen Sie sich unseren LeserInnen kurz vor.

Ich bin "Business Owner" und leite ein crossfunktionales Business Team bei Bosch.

Ich habe ganz klassisch BWL mit Schwerpunkt Marketing an der Universität Mannheim studiert, war im Ausland (in Polen) und bin nach dem Studium als Trainee bei Bosch eingestiegen. Im Konzern habe ich dann verschiedene Stationen wie Brandmanagement oder Produktmanagement durchlaufen.

Heute führe ich ein Team, das durch einen gemeinsam definierten Purpose motiviert wird und die unternehmerische Verantwortung für Umsatz und Ergebnis trägt. Wir haben alle notwendigen Kompetenzen, arbeiten mit agilen Prinzipien und setzen innovative Konzepte - abgeleitet von den Bedürfnissen der Anwender - durchgängig entlang eines Value Streams um.

Eine sehr spannende Rolle!

Laura Krompass, Purpose Team New Biz, Robert Bosch Power Tools GmbH

Sie führen Ihr Team in Teilzeit, wie sieht Ihr Führungsmodell konkret aus?

Ich führe mit einer 80-Prozent-Stelle und kann meine Arbeit flexibel gestalten. Ich verteile mein Präsenzzeit auf vier Tage in der Woche - d.h. dann bin ich auch physisch im Büro anwesend. Freitagsvormittags arbeite ich im Homeoffice und dienstags gehe ich früh aus dem Büro und arbeite abends von zu Hause aus.

Wer übernimmt die restlichen 20 Prozent?

Die Stelle war von Anfang an eine 80-Prozent-Stelle.

Wie lange arbeiten Sie schon in diesem Teilzeit-Modell? Wie kam es dazu?

Ich bin 2016 nach einem Jahr aus der Elternzeit zurückgekehrt und konnte damals mit meinem Team in der jetzigen Konstellation starten, das heißt mein Führungsmodell war von vorneherein so konzipiert. Mein damaliger Vorgesetzter hat mir dieses Modell vorgeschlagen und ganz klar gesagt: "Ich traue dir das zu!"

Gibt es auf Ihrer Führungsebene noch weitere KollegInnen, die Ihren Job in Teilzeit ausüben?

Nein, aktuell bin ich der einzige „Business Owner“, der den Job in Teilzeit gestaltet. Meine Kollegen arbeiten alle in Vollzeit.

Entstehen dadurch Konflikte?

Manchmal ist es eine Herausforderung dahingehend, dass ich an bestimmten Besprechungsterminen nicht teilnehmen kann, weil ich schlicht und einfach nicht anwesend bin. Mein Team und meine Vorgesetzten haben sich wunderbar auf mein Teilzeitmodell eingestellt, aber das kann ich natürlich nicht von der gesamten Organisation erwarten – außerhalb des Teams kann es daher manchmal zu Zeitkonflikten kommen. Diese sind aber immer lösbar. Ausnahmen von der Freitagsregel mache ich für sehr wichtige Termine. Aktuell bin ich eben noch die einzige Führungskraft in Teilzeit – ich vermute aber: Je mehr Personen in Teilzeit führen, desto stärker stellen sich Organisationen darauf ein. Das wird in Unternehmen etabliert und verankert werden.

Wie hat Ihr berufliches Umfeld darauf reagiert, dass Sie Ihre Führungstätigkeit in Teilzeit ausüben?

Mein Umfeld hat sehr gut reagiert und die Akzeptanz war von Anfang an sehr hoch. Überzeugungsarbeit war im Unternehmen überhaupt nicht nötig, Bosch unterstützt ganz klar familienfreundliche Arbeitszeitmodelle. In meinem Team habe ich selbst zwei weitere MitarbeiterInnen, die in Teilzeit arbeiten, und einen Mitarbeiter, der komplett aus dem Homeoffice arbeitet.

Hatten Sie irgendwelche Anlaufschwierigkeiten mit Ihrem Teilzeitmodell oder lief von Anfang an alles problemlos?

Mein jetziger Job ist mein absoluter Traumberuf und meine Aufgaben sind extrem spannend, daher ist mir der Wechsel überhaupt nicht schwergefallen. Insgesamt klappt die Zusammenarbeit sehr gut. Wir sprechen uns eng ab und haben bestimmte Tage festgelegt, auf die wir alle wichtigen Termine legen – an diesen fixen Tagen sind dann auch alle im Büro. Selbstverständlich muss sich das berufliche Umfeld daran gewöhnen, dass es zu bestimmten Zeiten keine wichtigen Besprechungen gibt oder dass ich nicht immer alle E-Mails direkt beantworte.

Das heißt, beruflich funktioniert das Teilzeitmodell sehr gut – gilt das auch für die private Seite? Sie haben ja Familie.

Für uns klappt das auch privat sehr gut: Mein Mann unterstützt meine Tätigkeit und wir haben eine gut organisierte Kinderbetreuung. Sonst würde das natürlich nicht funktionieren.

Was sind die wichtigsten Voraussetzungen dafür, dass Führen in Teilzeit gelingt?

Entscheidend ist sicher, dass die Führungskraft sowohl die Unterstützung von oben (das heißt von dem oder der  Vorgesetzten), als auch von unten (vom eigenen Team) hat. Mein Erfolgsrezept war: Von Anfang an eine klare Linie setzen und mit einer positiven Grundeinstellung zeigen, dass es funktioniert! Mit der Definition fester Tage für die Anwesenheit. gibt es konstante Zeitfenster der Verfügbarkeit bzw. der Nicht-Verfügbarkeit. Auf diese Weise hat sich der Freitag in unserem Team insgesamt als beliebter Homeoffice-Tag etabliert.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Zeitmanagement: In Teilzeit ist es noch wichtiger, als Führungskraft zu fokussieren, zu priorisieren und zu delegieren. Ich coache, inspiriere und motiviere meine MitarbeiterInnen, bin Sparring Partner, gebe Feedback, zeige Wertschätzung und übertrage auch gerne Verantwortung. Man muss loslassen können und seinem Team Vertrauen schenken. Als Führungskraft lerne ich ständig dazu und ich freue mich, wenn neue Perspektiven entstehen.

Ist Ihnen das Loslassen vorher, als Sie noch in Vollzeit geführt haben, schwerer gefallen?

Ich habe immer sehr gerne und viel gearbeitet. Meine Fähigkeit zur Priorisierung hat sich durch das Teilzeitmodell sicher verbessert. Durch meine Familie hat sich auch meine Work-Life-Balance verbessert: Ich kann heute viel besser abschalten und bin insgesamt zufriedener. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass ich mich nicht zwischen Kind und Karriere entscheiden musste. Ich würde auch sagen, dass ich meinen Mitarbeitern gegenüber empathischer geworden bin.

Das würde ich auch gerne anderen Führungskräften mit auf den Weg geben: Führen in Teilzeit ist kein Manko und kein Mangel, sondern es eröffnet neue Chancen und Qualitäten - zum Beispiel für ein hochmotiviertes Team und ein effizienteres und effektiveres Arbeiten.

Das klingt fast danach, als ließe sich ein modernes Führungsverständnis in einem Teilzeitmodell vielleicht sogar besser verwirklichen als in der klassischen Vollzeit-Führung?

Ja, das kann man vielleicht so sagen: Zumindest passen mein Teilzeitmodell und die agile Art und Weise, in der wir unsere Arbeit im Team organisieren und strukturieren, sehr gut zu unserer Unternehmenseinheit. Wir sind ein crossfunktionales Team, das durch die Ziele, die wir uns selbst stecken, motiviert wird. Nicht der Einzelne, sondern das Team ist bei uns der Schlüssel zum Erfolg. Für uns bringt die agile Arbeitsweise die Arbeit dorthin, wo Leidenschaft ist, wo alle mitmachen und wo auch in einem großen Konzern wie Bosch die Arbeit für jeden einzelnen einen Sinn macht.

Sie selbst haben sich durch Ihr Teilzeitmodell als Führungskraft weiterentwickelt. Was denken Sie: Kann jede Führungskraft erfolgreich in Teilzeit arbeiten?

Ich würde sagen, dass es wenige Ausnahmen gibt: Jobs, bei denen man physisch anwesend sein muss - zum Beispiel in der Produktion - lassen sich nur schwer in Teilzeit ausüben. Außerdem braucht man natürlich eine gewisse technische Grundausstattung - einen Laptop und ein Handy. Ohne geht es nicht.

Auf Seiten der Führungskraft müssen, so glaube ich, eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft und eine Offenheit vorhanden sein. Das gilt aber nicht nur für Führung in Teilzeit, sondern generell für die heutige Arbeitswelt.

Planen Sie, auf absehbarer Zeit wieder von Teilzeit auf Vollzeit zu gehen?

Nein, aktuell habe ich keine Pläne in dieser Richtung - vielleicht wenn meine Tochter älter ist.