"Führung muss Klarheit in der Unklarheit bieten"
Digitaler Spitzenfrauen Business-Lunch “Führen aus dem Homeoffice“
Trotz Distanz nahbar sein und möglichst klar die Erwartungen an das Team kommunizieren – das raten die beiden "Spitzenfrauen in Baden-Württemberg" Karin Schönwetter und Astrid Winkeler anderen Führungskräften für die aktuelle Corona-Krisen-Situation. Beim Spitzenfrauen Business-Lunch tauschten sie sich digital zum Thema "Führen aus dem Homeoffice" aus – mit teils überraschenden Insights.
Für beide Topführungskräfte ist die Aufgabe, das persönliche Miteinander in das nun rein virtuelle Arbeitsumfeld zu übersetzen, dabei nicht die größte Herausforderung. Als Director of IBM Global Financing DACH der IBM Deutschland ist Karin Schönwetter mit dem Führen im virtuellen Raum vertraut – das IT- und Beratungsunternehmen IBM mit Sitz in den USA hat seit jeher eine ausgeprägte digitale Kultur.
"Mein Team und ich arbeiten schon lange zusammen. Wir kennen uns alle persönlich – das ist eine sehr gute Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in dieser Ausnahmesituation", erklärt sie, räumt aber auch ein: "Bei einem ganz neuen Team, das sich noch nicht gut kennt, wäre das aber sicher etwas ganz anderes." Darüber hinaus hat die IBM in den vergangenen Jahren intensiv an ihrer Werteorientierung gearbeitet, das Konzept der positive Leadership hilft in der aktuellen Krisensituation.
Astrid Winkeler führt als Head of Corporate Communications & Global Support Marketing der Storopack Hans Reichenecker GmbH ein internationales Team. Der schwäbische Mittelständler ist weltweit an 65 Standorten, darunter auch in den USA aktiv. Nach zwei Wochen in Quarantäne und dem Umzug ins Homeoffice war sie überrascht, wie sehr der persönliche Kontakt fehlt. Die virtuelle Zusammenarbeit klappt dennoch gut, schon vor der Krise war Astrid Winkeler der persönliche Kontakt wichtig. Sie steht mit jedem Teammitglied in intensivem Austausch und auch zu MitarbeiterInnen in Elternzeit nutze sie schon vor der aktuellen Situation die Kontaktmöglichkeiten in digitalen Meetings.
Zu 100 Prozent aus dem Homeoffice zu führen ist dennoch eine große Veränderung, die sich auch auf die Führungsrolle auswirkt. "Als Führungskraft werde ich durch die Arbeit von zu Hause aus nahbarer und ich gebe sicher mehr von mir Preis als im normalen Büroalltag", so Schönwetter. "Durch meinen Sohn hat uns das ganze Thema Schule in den letzten Wochen stark beschäftigt. In meinem neuen Alltag wechseln sich Arbeit und Homeschooling ab – Berufs- und Privatleben verschmelzen dabei automatisch stärker miteinander."
Trotz der neuen Distanz Nahbarkeit zu schaffen, halten beide Führungsfrauen aber gerade in der aktuellen Krisensituation für besonders wichtig, damit die Zusammenarbeit weiter gut funktioniert. Der Austausch dürfe eben nicht nur auf der Sachebene, sondern müsse auch auf der Beziehungsebene stattfinden. Bei IBM werden zu diesem Zweck neben unterschiedlichen virtuellen Meeting-Formaten auch andere digitale Hilfsmittel eingesetzt – zum Beispiel haben MitarbeiterInnen die Möglichkeit, Bilder aus dem Homeoffice zu teilen. Das darf dann auch gerne mal der Zitronenkuchen vom Sonntagskuchentisch sein. Diese Maßnahmen zeigen Wirkung: "Bisher sind noch alle gut drauf!" berichtet Karin Schönwetter.
Nichtsdestotrotz beobachten beide Führungskräfte Frustration im Unternehmen. Besonders mit Blick auf die USA nimmt Astrid Winkeler bei denjenigen MitarbeiterInnen, deren Arbeit stark von der Corona-Krise beeinträchtigt ist, eine steigende Nervosität wahr – auch wenn die Storopack-Niederlassung dort nach dem Vorbild des deutschen Hauptsitzes und eben nicht nach der nordamerikanischen 'Hire and Fire'-Mentalität geführt wird. Die Aufgabe der Führungskräfte sei es unter diesen Umständen, noch einmal ganz klar die Erwartungen an die MitarbeiterInnen zu kommunizieren und ihnen dadurch ein Stück weit ihre Unsicherheit zu nehmen. Dabei hilft es Astrid Winkeler auch, dass sie in einem guten Kontakt zur Geschäftsleitung steht und, wie sie sagt, "vieles auf dem kurzen Dienstweg abklären" kann – ein eindeutiger Vorteil des schwäbischen Mittelstands.
"Die größte Schwierigkeit für alle Unternehmen ist aktuell die Unklarheit", erklärt Karin Schönwetter: "Alle stellen sich die Frage: Was bedeutet die aktuelle Wirtschaftslage für uns als Unternehmen? Wie gehen wir mit Blick auf unsere Kunden weiter vor?" Nicht zuletzt kämen hier bei betroffenen MitarbeiterInnen auch Existenzängste aufgrund der Gesamtsituation ins Spiel.
Für Astrid Winkeler hat die Krise aber durchaus auch positive Effekte: "Natürlich können aktuell keine Werbevideos gedreht werden. Abgesehen davon ändert sich durch Corona an unserem Tagesgeschäft aber nicht viel – außer dass viele unserer AnsprechpartnerInnen in den Fachabteilungen auf einmal viel besser zu erreichen sind, da Reisetätigkeiten wegfallen. Das hilft uns im Abstimmungsprozess ungemein!" Frau Schönwetters kleine Hoffnung hat sich allerdings nicht erfüllt: "Ich dachte, jetzt wo das Pendeln wegfällt, hätte ich viel mehr Zeit. Tatsächlich ist mein Arbeitstag aber trotzdem von morgens bis abends gefüllt – vor allem mit zahlreichen Videokonferenzen!", sagt sie lachend.
Wir danken unseren Spitzenfrauen für diesen inspirierenden Business-Lunch.